Formen des Mastzellensyndroms
Neben den verschiedenen Formen der Mastozytose und (damit der primären Mastzellerkrankung) widmet sich die medizinische Wissenschaft in den letzten Jahren einem scheinbar neuem Krankheitsbild. Hierbei kommt es bei Betroffenen zunehmend zu diffusen zumeist systemischen Symptomen, die mit der Aktivierung von Mastzellen und deren Mediatorenausschüttung vereinbar sind. Allerdings können in diesen Fällen die Nachweise für die klassischen Mastozytoseformen (u.a. klonale Mastzellen, erhöhte Tryptase) nicht immer erbracht werden.
Wissenschaftlich ist dieses Krankheitsbild aktuell noch sehr umstritten und Teil einer regen fachlichen Debatte verschiedener Forschungsgruppen , so gibt es aktuell in Deutschland noch keinen ICD-Code für MCAS. Die medizinischen Fachkreise diskutieren noch über die Definition der Kriterien und objektiven Parameter, die neben der klinischen Symptomatik die Krankheit eindeutig bestätigen können. So steht u.a. auf der einen Seite zur Diskussion, dass ein Anstieg der Tryptase um mindestens 20% des Basiswertes + 2 ng/ml als Hinweis für ein MCAS festgelegt werden soll, während andere beispielsweise diskutieren, ob Prostaglandine einen sicheren Marker für das Vorliegen einer Mastzellerkrankung darstellen. Wiederum andere sehen die Erkrankung als erwiesen an, wenn die Symptomatik einer Mastzellmediatorenausschüttung und das Ansprechen auf die Basistherapie (Mastzellstabilisator, H1 und H2 Blocker) vorliegen.
Wenngleich somit noch kein Konsens über die Definition der Erkrankung MCAS und dessen Messkriterien vorliegt, führen wir ganz neutral die aktuellen Erkenntnisse und Diskussionspunkte zu diesem Krankheitsbild auf, um Sie bestmöglich informiert zu halten.
Definitionsgemäß unterscheidet man aktuell 3 Formen von MCAS:
Primäres MCAS
Primäres Mastzellenaktivierungssyndrom - auch MMAS/ monoklonales oder klonales MCAS genannt. Bei dieser Form sind klonale Mastzellen nachweisbar (zumeist die D816V Mutation oder andere aktivierende (Exon-17-)Kit-Mutationen und/ oder die Expression von CD25 oder CD2 auf den Mastzellen. Wenn die WHO-Kriterien zur Diagnose einer systemischen Mastozytose nicht ganz erfüllt sind (also nur 1 oder 2 WHO-Kriterien erfüllt sind), liegt ein primäres und somit klonales Mastzellaktivierungssyndrom vor. Wie auch bei der systemischen Mastozytose, bei der die Mastzellen ebenfalls klonal mutiert sind, ist zum jetzigen Zeitpunkt ein MMAS nicht heilbar.
Sekundäres MCAS
Eine sekundäre Mastzellaktivierung beruht auf einer anderen Grunderkrankung, die die Aktivierung von Mastzellen involviert. Bei dieser Form des MCAS gelingt kein Nachweis klonaler Mastzellpopulationen, allerdings liegt eine klinische Symptomatik vor, die sich mit einer Mastzellaktivierung vereinbaren lässt. Bekannteste Auslöser eines sekundären MCAS sind nach heutigem Kenntnisstand (IgE-vermittelte) Allergien, Autoimmun-Urtikaria und physikalische Urtikaria, chronisch Autoimmunologische, chronisch-entzündliche oder neoplastische Erkankungen oder neoplastische Erkrankungen.
Sofern die Grunderkrankung gut behandelbar ist, besteht eine sehr gute Chance, dass die Mastzellaktivierung rückläufig ist oder zumindest gut gesteuert werden kann.
Idiopathisches MCAS
Sofern Erkrankungen, die eine Mastzellaktivierung erklären (sekundäres MCAS), ausgeschlossen werden konnten und Untersuchungen keinen Hinweis auf klonale Mastzellen (primäres MCAS) geben, allerdings eine Mastzellaktivierung vorliegt (z.B. Anaphylaxie ohne bekannten Auslöser) spricht man von einem idiopathischen MCAS. Das heißt, dass der Auslöser für diese Mastzellaktivierung aktuell unbekannt ist. Ob bisher unbekannte (Kit-) Mutationen somit doch noch nicht genauer erforschte/verstandene primäre Formen der MCAD oder doch gänzlich andere Erkrankungen die vorliegenden Symptome der Mastzellaktivierung erklären können, ist in diesen Fällen noch nicht beantwortbar.